Großangelegtes Vorspiel von Violinschülern im Odeon – Kooperation Böblingen – Sindelfingen
SINDELFINGEN. Rund um das Thema „Violinspiel“ ging es bei einem „Musizier- und Arbeitswochenende für junge Geiger“, welches die Fachbereiche der Musikschulen Böblingen und Sindelfingen unter ihren jeweiligen Leitern Siegfried Pöllmann und Ruth Lesch-Michel veranstalteten. So fanden sich in dieser ersten Co- Produktion der beiden Institute rund 60 Geiger zwischen drei und 20 Jahren ein. Instrumentales Zusammenspiel vom Duo bis zum kleinen Orchester stand auf dem Programm; ein Kurs für Streichquartett mit jungen Erwachsenen rundete das Angebot ab. Für die Eltern der Kinder und „Zaungäste“ gab es ein Begleitprogramm, welches Filmvorführungen über große Geiger, aber auch ein Seminar über die sogenannte „Alexandertechnik“ – wir berichteten – vorsah.
Höhepunkt der Tage aber war, neben einigen sehr gelungenen Vorspielen der Seminarteilnehmer, ein Solistenkonzert, zu dem die Veranstalter herausragende Nachwuchsgeiger aus der Region einluden. So traten Schüler der bekannten Pädagogin Prof. Hedwig Pahl aus Stuttgart auf, aus Lauffen kamen Schüler von Gisela Mogal- la-Dietz und auch Brigitte Lang aus Dettenhausen stellte ihre begabteste Schülerin vor, die jetzt bei Frau Nagatomi in Stuttgart ausgebildet wird.
Zwei Schüler aus Böblingen eröffneten den Abend: Thomas Eberle und Julian Wagner, beide aus der Klasse von Siegfried Pöllmann, zeigten, wie weit man bei weniger als zweijähriger Ausbildungszeit kommen kann. Mit Sätzen von Vivaldi bewiesen sie Ausdruckswillen und frühe Persönlichkeit bei solider Technik – über einige Stolperstellen sah man hier gerne hinweg. Julia von Nieswandt (Pahl) bot mit ihrer Schwester Miriam am Flügel das frische Concertino der polnischen Komponistin Gracyna Bacewicz.
Bereits hier hatte man es mit der sehr runden Leistung einer engagierten Geigerin zu tun, die mit viel Beifall bedacht wurde. Jutta Heidinger (Mogalla-Dietz), begleitet von ihrer Schwester Sabine, brachte den Prestosatz der Sonatine von Dvorak: auswendiger Vortrag, Temperament und sehr gute Intonation kennzeichneten diesen Vortrag. Stilistisch ganz ausgezeichnet musizierte Melina Kim (Pahl) mit Michael Hajek ein Rondo von Mozart; Maya Koch (Lang) verblüffte die Zuhörer mit Praeludium und Gavotte aus der E-Dur Partita von J. S. Bach, wobei sie stupende Technik, kolossales Gedächtnis und erstaunliche Reife der Interpretation zeigte.
Die letzten beiden Geiger jedoch zogen die begeisterten Zuhörer regelrecht in Bann: Katrin Adelmann (Mogalla-Dietz) verstand es, mit den Zigeunerweisen von Sarasate eine große Palette an Klangfarben zu entwickeln. Sie traf den Charakter der Komposition mit großem, warmem Ton, vermied jedoch jeglichen Ansatz zur Übertreibung und war technisch derart sicher, daß man diesen Stücken auch nicht die harte analytische Arbeit anmerken konnte. Ebenso Tina Kim (Pahl) mit dem ersten Satz des d-Moll-Konzertes von Wieniawski. Die sehr persönlichkeitsstarke Geigerin bot vollendetes Violinspiel: sonorer Ton, sehr differenziertes Vibrato und große Souveränität in den technischen Mitteln.
Sehr klangschön und transparent assistierte hier die Böblinger Pianistin Marie-Louise Eberle- Fischli am Flügel. Die Meinung nach dem Konzert war ungeteilt. So etwas muß wiederholt werden. Geigenkinder und ihre Eltern werden nachhaltig motiviert und den jungen Künstlern wird Gelegenheit gegeben, ihre Stücke vor Publikum auszuprobieren, ihr Können unter Beweis zu stellen.
MICHAEL KÖPPE, SZ/BZ 2. September 1989